Die Grundfähigkeitsversicherung der Bayerischen

So wie bei jeder, lässt sich auch bei der Grundfähigkeitsversicherung der Bayerischen die Qualität auf drei Ebenen bemessen:

  1. Ist der Auslöser zu verstehen?
  2. Deckt sich dieses Verständnis mit dem, was der Versicherer im Leistungsfall prüfen wird?
  3. Und ist der Auslöser erreichbar und einfach nachzuweisen?

Der erste Punkt macht die Beratung einfach und hilft vertrieblich enorm, der zweite sorgt dafür, dass der Versicherte im Leistungsfall keine böse Überraschung erlebt und der dritte misst, wie umfassend der Versicherungsschutz ist.

Auf diesen drei Ebenen habe ich mir mal die Bedingungen der Grundfähigkeitsversicherung der Bayerischen angesehen und meinen Senf dazu abgegeben.

Mein Senf zur Grundfähigkeitsversicherung der Bayerischen

Aber zu Beginn hätte ich ein paar Fragen zur Namensgebung. Ich bin mir nämlich nicht ganz sicher, ob da ein Marketing-Team für Wellness-Artikel beauftragt wurde. Und obwohl ich gebürtiger Franke bin, kann ich ein bisschen bayerisch, aber Body, Body & Mind und Body & Mind Plus würde ich nicht als typisch bayerisch einordnen.

Naja, aber ich versteh schon, was gemeint ist. Im ersten Tarif ist nur der Körper versichert, im zweiten dann der Geist und im dritten halt irgendwie mehr.

Ach ja… Bevor ich ins Detail gehe, eine Bitte an alle Versicherer da draußen: Die AVB liest heute kein Mensch mehr als Papier. Ich lese das als PDF. Und da ist ein zweizeiliges Schriftbild sehr anstrengend zu lesen.

Aber weiter im Text! Die Grundfähigkeitsversicherung der Bayerischen erfüllt alle Hygienefaktoren richtig gut. Weltgeltung, 6 Monate Prognosezeitraum, ein Auslöser reicht zu 100% Leistung aus usw.

Im Body-Tarif ist wie erwartet Gehen, Treppensteigen, Knien, Bücken, Stehen, Gebrauch eines Arms, Gebrauch einer Hand, Heben, Halten Tragen, Sitzen, Sehe, Sprechen, Hören, Schreiben, Tastatur oder Touchscreen benutzen und der Gleichgewichtssinn versichert.

Klare Definitionen

Bei den Definitionen ist eigentlich immer alles klar abzulesen. Die Bayerische zählt immer wieder auch erlaubte Hilfsmittel auf. Luft nach oben wäre hier, wie übrigens bei allen anderen Versicherern auch, bei der zeitlichen Einschränkung. Die Bedingungen lassen es beim Treppensteigen, Gehen oder auch beim Bücken vollkommen offen, wie lange ich dafür brauchen darf.

Zwar schreibt die Bayerische beim Gehen, dies müsse ohne Pause, oder beim Treppensteigen, dies müsse ohne Unterbrechung geschehen. Aber wo hört das langsame Gehen auf und wo fängt die Pause an? Ich würde mir wünschen, hier stünde, man müsse die 400m oder die Treppen in 20 Minuten bewältigen. Das ist vermutlich ein Zeitraum, auf den sich beide Seiten einigen könnten und er würde auf allen drei Ebenen helfen.

Beim Knien waren es die Katholiken aus Bayern, die als erstes das Knien auf beiden Knien forderten. Das haben viele mittlerweile kopiert. An der Stelle möchte ich auf die einzigartige Besonderheit des Wortes „Knie“ hinweisen. Es wird auch im Plural „die Knie“ geschrieben, obwohl es in Süddeutschland „Knie-he“ gesprochen wird.

Der Handgebrauch in der Grundfähigkeitsversicherung der Bayerischen

Aber zurück zum Thema. Die Grundfähigkeitsversicherung der Bayerischen zeigt sehr schön, dass die Anzahl der Auslöser nichts mit Qualität zu tun hat. Jede andere prüft auch die Grundfähigkeitsversicherung der Bayerischen die Kraft, die Beweglichkeit und die Ausdauer der Hand, der Arme und des Bewegungsapparates. Den Gebrauch der Hand definiert die Bayerische entsprechend mit dem Verschließen und Öffnen einer Flasche, was wenig mit Kraft, sondern mehr mit Beweglichkeit der Hand zu tun hat.

Eine andere Möglichkeit, an seine Leistung zu kommen, wäre der Nachweis, dass ich eine Schraube nicht mehr in ein gedübeltes Loch hinein- und wieder hinausdrehen kann. Damit ist die Beweglichkeit des Unterarms geprüft und die Kraft und Ausdauer der Hand, weil diese ja den Schraubendreher längere Zeit festhalten muss.

Die Glühbirne testet wieder die Beweglichkeit, aber dieses Mal muss das Handgelenk seitlich gekippt werden.

Die Wäscheklammer simuliert einen Pinzettengriff und testet an sich schon die Fingerfertigkeit.

Neues beim Armgebrauch

Beim Armgebrauch erweitert die Grundfähigkeitsversicherung der Bayerischen als einer der ersten Versicherer das marktübliche „Arm-auf-Schulterhöhe-Heben“, durch den Schürzen- und den Nackengriff. Beide verlangen, dass man die Arme hinter den Rücken bewegt, was das Schultergelenk ganz anders beansprucht, als das Ablegen eines Gegenstandes auf ein Regal.

Die Erweiterung gefällt mir gut. Ich würde mir aber wünschen, dass die Bayerische genauer definiert, wie der Arm auf Schulterhöhe gehoben werden muss. Denn ich könnte auch ohne angehobene Arme einen Gegenstand in ein Regal auf Schulterhöhe platzieren. Ich würde aussehen wie ein T-Rex, aber es ging. Mir ist klar, dass das nicht gemeint ist, aber es ist eben auch nicht definiert. Besser gefällt mir da die Formulierung, dass der Arm 10 Sekunden auf Schulterhöhe gehoben werden muss.

Fazit zum Tarif Body

Mir gefällt hier sehr gut, dass der Tarif Body an sich alles hat, was ein Handwerker so braucht. Alle körperlichen Grundfähigkeiten sind wirklich gut abgedeckt. Gut mitgedacht haben die Mädels und Jungs der Bayerischen bei der Touchscreen-Nutzung. In meinen Augen ist das keine wirkliche Erweiterung des Versicherungsschutzes. Es geht in die Richtung Fingerfertigkeit und Auge-Hand-Koordination. Es ist also eher Marketing. Aber tatsächlich braucht jeder Handwerker mittlerweile auch ein Tablet oder ein Smartphone, weshalb er vermutlich besser verstehen wird, worum es bei einer Grundfähigkeitsversicherung eigentlich geht.

Für uns Vermittler ist es übrigens sehr wichtig, dem Kunden klar zu machen, dass die Auslöser der GF-Versicherung vom Versicherer definiert sind. Es gibt keinen Bezug zum tatsächlich ausgeübten Beruf. Es lässt sich nur eine Schnittmenge zu den heute ausgeübten Tätigkeiten herstellen, wenn man diese Tätigkeiten mit den versicherten Grundfähigkeiten vergleicht.

Was steckt im Body & Mind?

Für mich ist die Zielgruppe des Body & Mind-Tarifes der Handelsreisende oder jeder Vertriebler. Denn hier ist zusätzlich das Autofahren, Unterhaltung führen, Intellekt, eigenverantwortliches Handeln und die Fingerfertigkeit versichert. Die Fingerfertigkeit ist für mich schon über die Wäscheklammer ganz gut abgeprüft, aber hier wird verlangt, einen Reißverschluss zu schließen oder eine Schraube auf ein Regelgewinde mit 8mm Durchmesser zu setzen. Das sind 2mm mehr als die gewöhnlichen IKEA-Schrauben.

Am wichtigsten ist hier ohne Frage das Autofahren. Denn Autofahren ist an sich keine Grundfähigkeit. Es ist eine erlernte Fertigkeit. Hier geht es um das Zusammenspiel mehrerer Fähigkeiten auf einmal. Und tatsächlich macht das Autofahren auch andere Fähigkeiten überflüssig. Denn den Führerschein muss ich schon zurückgeben, wenn ich mein halbes Sehvermögen verloren habe, während der Auslöser „Sehen“ erst greift, wenn ich 95% verloren habe.

Und auch das Ein- und Aussteigen wertet den Versicherungsschutz extrem auf. Ich gehe mal davon aus, dass ein steigender BMI das nicht leichter macht. Ich könnte mir quasi die Leistung per McDonalds-Abo holen.

Was ist so wichtig an der freiwilligen Abgabe des Führerscheins?

Die Bayerische war auch hier die erste Versicherung, die auch bei der freiwilligen Abgabe des Führerscheins geleistet hat. Das haben auch fast alle übernommen. Und das ist auch sinnvoll. Denn ein Führerschein wird mir nicht automatisch entzogen, wenn ich zu krank bin, um Auto zu fahren. Eigentlich müsste ich einen Unfall haben und dann würde festgestellt, dass ich nicht mehr fahren darf und dann würde mir der Führerschein entzogen. So wäre der Leistungsfall nur dann zu erreichen, wenn ich krank bin UND gegen einen Baum fahre. Das ist nicht zu verlangen, find ich.

Deshalb ist die freiwillige Abgabe wichtig. Ich muss das zwar immer noch über ein Gutachten nachweisen, dass ich nicht mehr Auto fahren sollte, aber es ist eben einfacher, als mein Auto zu schrotten.

Fazit zu Body & Mind

Wenn ich so drüber nachdenke, sollte diesen Tarif auch jeder Handwerker wählen, der auf sein Auto angewiesen ist. An dieser Stelle fällt mir zum Ersten mal auf, dass es mir am liebsten wäre, wenn es den Body-Tarif gäbe und ich alle anderen Grundfähigkeiten frei hinzuwählen könnte. Die große Stärke der Grundfähigkeitsversicherung der Bayerischen ist in meinen Augen nämlich eine starke Basis, die alles wichtige absichert. Dass ich das nur mit 2 Paketen erweitern kann, ist mir ein wenig zu unflexibel. Vertrieblich ist es klar einfacher, wenn ich nicht so viel Auswahl habe. Aber der Endkunde will es vielleicht ein bisschen individueller gestalten können.

Was steckt in Body & Mind Plus?

Das große Plus sind Ziehen und Schieben, Riechen und Schmecken und die Bildschirmtätigkeit. Beginnen wir mit der Bildschirmtätigkeit. Hier geht es darum, 2 Stunden Symbole an einem Bildschirm ablesen zu können. Das deckt sich so ziemlich überhaupt nicht mir meiner Vorstellung von Bildschirmtätigkeit. Das klingt eher nach dem Auslöser „Netflix-Fähigkeit“. Ich würde da eher an Arbeit am Bildschirm denken. Also, 2 Stunden konzentriert sitzen, lesen, schreiben, verarbeiten… Aber was soll´s… Die anderen beiden Auslöser sind dafür richtig stark.

Das Ziehen und Schieben ist in meinen Augen ähnlich stark einzuschätzen wie das Autofahren. Hier geht es zwar nicht um eine erlernte Fähigkeit, aber es geht um ein komplexes Zusammenspiel des gesamten Körpers. Wenn ich ein chronisches Überbein am linken Handgelenk habe, dann kann ich einen Rollstuhl keine 100m weit schieben. Ich muss beide Hände gleich stark einsetzen, sonst dreht sich der Rollstuhl im Kreis.

Und da der Rollstuhl ein Gewicht von 85kg haben muss, sind hier mal nicht starke Männer im Vorteil.

Das Riechen und Schmecken ist für Köche sehr wichtig, aber auch die Feuerwehr muss Gas riechen können.

Fazit zu Body & Mind Plus

Wie schon gesagt, fände ich es besser, wenn ich hier wählen könnte, ob ich Riechen und Schmecken oder nur Ziehen und Schieben versichern möchte. Ziehen und Schieben ist für Pflegepersonal extrem wichtig. Und Pflegepersonal ist eine große Zielgruppe, für die die Berufsunfähigkeitsversicherung mittlerweile in den meisten Fällen schon zu teuer ist.

Das gleiche gilt für Köche. Nur das da eben das Riechen und Schmecken wichtig wäre.

Die BU-Option in der Grundfähigkeitsversicherung der Bayerischen

Sehr spannend ist die BU-Option in der Grundfähigkeitsversicherung der Bayerischen. Die kann ich ziehen, wenn ich eine Ausbildung beginne, wenn ich nach Abschluss der Ausbildung einen Beruf beginne oder wenn ich eine Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen habe und anschließend in einem Beruf starte.

Der Tarif muss dazu 5 Jahre bestehen. Das ist in den allermeisten Fällen Quatsch, weil ich die GF-Versicherung vermutlich erst bei Jugendlichen beraten und verkauft wird. Da ist es schwierig, dann innerhalb der 5 Jahre die Option zu ziehen.

Die Bayerische kann ich ja aber schon ab 3 Jahren abschließen… Ach ja… Das ist eine Überschrift wert…

Die Grundfähigkeitsversicherung der Bayerischen kann ich schon ab 3 Jahre abschließen

Das ist vertrieblich vermutlich die allerwichtigste Information! Die Grundfähigkeitsversicherung der Bayerischen kann ich schon ab 3 Jahren abschließen. Das bedeutet, ein Kind kann sich schon mit 3 Jahren den Gesundheitszustand sichern. Das gibt auch ne ganze Menge an Rechtssicherheit. Denn so vermeide ich auch mögliche vorvertragliche Anzeigepflichtverletzungen. Vor allem, weil im Leistungsfall dann die 10 Jahre seit Vertragsabschluss sicher schon vorbei sein werden.

Aber zurück zur BU-Option. Die kann ich bis zum 30. Lebensjahr abschließen und darf bis dahin noch kein Leistungsfall sein. Das ist aber klar. Außerdem darf die Grundfähigkeitsversicherung der Bayerischen nicht mit Ausschluss oder Zuschlag abgenommen worden sein.

Welche Optionen gibt es?

Ich kann auch noch ein paar Optionen kostenpflichtig hinzubuchen. Da wäre die Infektionsklausel, die AU-Klausel und die Psyche-Klausel. Fangen wir wieder hinten an. Die sogenannte Option Psyche würde ich nur in Ausnahmefällen anbieten. Denn hier sind nicht umfänglich alle psychischen Erkrankungen versichert, sondern nur schwere Depression und Schizophrenie. Das muss ich dem Kunde auch erklären.

Einfacher ist es, wenn ich den AU-Baustein wähle, der leistet, wenn ich für mindestens 6 Monate eine ununterbrochene Krankschreibung nachweisen kann. Da gehören psychische Erkrankungen auch dazu. Die Leistung ist auf 18 Monate begrenzt, was aber reichen sollte, um umzuschulen. Bei der AU-Option gefällt mir besonders, dass der Kunde hier ganz leicht versteht, was gemeint ist und auch ganz einfach die Leistung beantragen kann.

Zu guter letzt gibt es noch die Infektionsklausel. In der Berufsunfähigkeitsversicherung ist dieser Baustein überflüssig, da das schon im BU-Begriff enthalten ist. In der Grundfähigkeitsversicherung ist der Baustein aber durchaus sinnvoll. Denn grundsätzlich gibt es ja keinen Zusammenhang zwischen Beruf und GF-Versicherung. Die Infektionsklausel stellt aber diesen Zusammenhang her, da sie leistet, wenn ich für meinen Beruf ein behördliches Arbeitsverbot aufgrund einer Infektion erhalte, das mindestens 6 Monate andauert.

Unterm Strich

Die Bayerische ist ein Biometrie-Versicherer und macht hier einfach keine halben Sachen. Der Tarif gehört unbedingt zu den besten am Markt, da die Auslöser größtenteils verständlich, transparent und leicht zu erreichen und nachweisbar sind. Die einzigen Kritikpunkte muss sich aber neben der Bayerischen im Moment auch noch der gesamte Markt gefallen lassen: Es fehlen zum größten Teil Zeitwerte, um die Auslöser noch greifbarer zu machen und es wäre echt super, wenn die Tarife flexibler zusammenzusetzen wären.

Ist aber nur meine Meinung. Die einen stehen auf Ketchup, die anderen auf Senf.

 

What's your reaction?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert